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Niedersächsischer Städtetag: Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung noch keine Erfolgsgeschichte

"Es steht bereits jetzt fest, dass der Rechtsanspruch auf die Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter bis zum Schuljahr 2026/2027 nicht überall erfüllt werden kann. Wir weisen seit über einem Jahr darauf hin, dass die Kommunen derzeit nicht hinreichend mit Ressourcen ausgestattet sind, um das Versprechen von Bund und Ländern gegenüber den Kindern und Eltern einzulösen", erklärt Oberbürgermeister Frank Klingebiel, Stadt Salzgitter, Präsident des Niedersächsischen Städtetages. "Die Kommunen sind für die sachliche Ausstattung der Grundschulen zuständig. Da es uns aber an erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen fehlt, werden wir es nicht schaffen, bis 2026 alle Grundschulen mit Mensen und Aufenthaltsräume auszustatten. Unser Ruf nach einem Moratorium und einer Hinausschiebung des Rechtsanspruches bleibt weiterhin ungehört. Stattdessen haben sich Bund und Länder viel Zeit damit gelassen, über eng gefasste Förderrichtlinien, hinterlegt mit einer unzureichenden Finanzierung, zu verhandeln."

"Wir brauchen eine Lösung für den Ganztagsbetreuungsanspruch, bei der Bund und Länder ehrlich für die Kosten der Umsetzung des Rechtsanspruchs aufkommen. Viele Eltern denken, es gäbe künftig einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbeschulung in der Grundschule, aber das ist mitnichten so", führt Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, Stadt Oldenburg, Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages aus. "Der Bund und über den Bundesrat auch die Länder haben ein Modell gewählt, bei dem sie zwar Ganztagsschule in der Grundschule schaffen wollten. Dem Bund fehlt dafür aber die Gesetzgebungskompetenz und die Länder wollten ausweislich der Bundesratsprotokolle eine Lösung, die am Ende keine finanzielle Verpflichtung der Länder auslöst.", erläutert Krogmann.

"Uns fehlt die Fantasie, wie so ein umfangreiches Vorhaben ohne verhältnisklärende rechtliche Regelungen vom Land, ausreichende Finanzierung der Investitions- und Betriebskosten und auskömmliche Ausstattung der Schulen mit Personalressourcen umgesetzt werden soll", erklärt Klingebiel. "Wir sehen das Land nach wie vor in der Pflicht, diese Probleme zu lösen. Es geht hierbei nicht nur um die Frage, ob der vom Bund und Land festgeschriebene Rechtsanspruch fristgerecht erfüllt werden kann, sondern auch um die Vertrauensfrage in Politik und Staat: können diese wirklich halten, was sie den Bürgerinnen und Bürgern versprechen? Oder wird hier bewusst in Kauf genommen, dass die geweckte Erwartungshaltung der Eltern, Schülerschaft und Lehrerschaft in 2026 krachend enttäuscht wird und wiederum Frust ausgelöst wird?"

Hintergrund:
Für die Zeit ab dem Schuljahr 2026/2027 wurde durch Bund und Länder ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter auf Bundesebene durch das Ganztags­förderungsgesetz im Jugendhilferecht nach SGB VIII beschlossen. Die Umsetzung vor Ort scheitert jedoch an einer unzulänglichen Finanzierung und an fehlenden personellen Ressourcen. Außerdem fehlt es weiterhin an einer gesetzlichen Regelung in Niedersachsen. Dies führt dazu, dass zahlreiche rechtliche und tatsächliche Fragen, insb. das Verhältnis zwischen dem Träger der Jugendhilfe, den der Betreuungsrechtsanspruch nach SGB VIII trifft, und dem daraus gar nicht verpflichteten Schulträger, aber auch die Frage, wie die Ferienbetreuung künftig funktionieren kann, ungeklärt bleiben.

Quelle: Niedersächsischer Städtetag, 04.04.2024